Kommunikationsmodell Kommunikation – auf leiwand Die drei Bereiche ‚Kontakt mit dir‘, ‚Dein Ausdruck‘ und ‚Kontakt mit der Umwelt‘ überschneiden sich in der Mitte zu ‚Klar. Echt. Leiwand.‘. Die Schnittmengen zeigen die Themen ‚Grenzen setzen‘, ‚Authentizität entdecken‘ und Resonanz erzeugen Elschi Gantner wunderkammer Atelier Paint & Sip Wine Wein

Ehrlichkeit bringt (Selbst-)Vertrauen

In meinen Workshops erarbeite ich mit den Teilnehmenden oftmals ihre persönlichen Werte. Dazu bekommen sie zunächst einen Zettel, auf dem verschiedene Werte stehen, aus denen sie ihre Top 3 wählen. Häufig ist „Ehrlichkeit“ dabei. Dann frage ich gerne nach: Was bedeutet Ehrlichkeit für dich? Meistens kommt als Antwort so etwas wie: „Wenn man mir nicht ins Gesicht lügt.“

Stimmt, angelogen zu werden ist schmerzhaft und erschüttert das Vertrauen. Aber: Ist Ehrlichkeit wirklich bloß die Abwesenheit von Lüge?

Ehrlich währt am längsten – aber was heißt das eigentlich?

Der Amerikanische Psychotherapeut Brad Blanton behauptet, Unehrlichkeit wäre die Wurzel allen Übels in unserer Gesellschaft – und radikale Ehrlichkeit das Heilmittel. Obwohl ich nicht mit allem übereinstimme, was er in seinem Buch “Radical Honesty” schreibt (vieles an seinem Ansatz wirkt auf mich unsensibel, stellenweise sogar aggressiv) hat mir folgendes Modell sehr geholfen, mich eingehend mit verschiedenen Facetten der Ehrlichkeit zu befassen.

Er teilt Ehrlichkeit in 3 Stufen:

1. Offenlegen von Fakten in deiner Vergangenheit: Sag ehrlich, was du getan hast

Hier geht’s ums Aufräumen: Ich erzähle, was ich gemacht habe – auch dann, wenn es das Bild, das ich bislang von mir vermittelt habe, infrage stellt. Das kann befreiend sein und die Kluft zwischen Innenleben und äußeren Auftreten schließen. Möglicherweise wirkt es authentisch und selbstbewusst, sobald man siich traut, Masken abzulegen und Lügen aufzudecken.

Brad Blantons Ansicht nach soll man alle Lügen der Vergangenheit teilen – und er geht sogar noch weiter. So soll man etwa auch offenlegen, wenn man in einer romantischen Beziehung sexuelle Phantasien mit jemand anderem hat(te), und diese sogar detailliert beschreiben. Hier bin ich anderer Meinung: Ich finde diese Form der Befreiung sehr egoistisch. Feingefühl ist gefragt: Warum möchte ich etwas teilen? Nur um mein schlechtes Gewissen zu erleichtern? Oder um eine echte Verbindung herzustellen?

Ich erinnere mich gut an meine Jugendzeit: Ich habe selten die Wahrheit gesagt – oder sagen wir lieber: oft geschwindelt. Das war mein Werkzeug, um mir ein Stück Autonomie zu sichern. Ob’s ums Rauchen, Hausübung machen oder um meine on/off-Situationship (wie man heute sagen würde) ging – die Erwachsenen wussten wenig über mein echtes Leben. Später hatte ich eine Phase, in der ich bewusst komplett aufgehört habe zu lügen. Jedoch habe ich Formulierungen so sorgfältig gewählt, dass ich zwar technisch nicht gelogen, aber auch nicht die Wahrheit gesagt habe. Die Netflix-Serie „Lucifer“ beschäftigt sich übrigens eingehend mit diesem Spiel von Wahrheit und Verschleierung.

Was ich mir von der ersten Stufe der Ehrlichkeit mitnehme: Der Vesuch, zu mir selbst so ehrlich wie möglich zu sein, hat mich im Leben ein gutes Stück weiter gebracht. Das heißt konkret, mir Fehler der Vergangenheit einzugestehen und zu verzeihen und mich nicht für Gedanken, die ich als „falsch“ bewerte zu schämen bzw. sie zu verdrängen. Wenn mich jemand danach fragt, stärkt es meist das Vertrauen, wenn ich die Fakten offenlege. Einfach „rauszuhauen“ hingegen, was niemand wissen wollte, kann das Gegenteil bewirken und andere verletzen. Manchmal hilft es mir, mich daran zu erinnern: Von sich selbst zu berichten ist ein Schritt in Beziehung – und bedeutet nicht, anderen mein Meinungen oder Urteile umzuhängen. Alleine dieses Richtig-Falsch-Denken, auf dem Urteile basieren, führt oft geradewegs in Streit statt in Verbindung.

Auch wenn nicht alles ausgesprochen werden muss, finde ich es extrem hilfreich, die Lügen, die wir uns selbst erzählen, radikal aufzudecken und auch unerwünschten Aspekten unseres Selbst Raum zu geben.

2. Gedanken und Gefühle: Sag ehrlich, was du gerade fühlst

Spätestens hier beginnt die tägliche Arbeit. Ich teile, was ich denke und fühle – auch wenn es unangenehm, kleinlich oder widersprüchlich ist. Authentischer Selbstausdruck erfordert neben Achtsamkeit auch Bewusstsein und tiefe Verbindung zum eigenen Selbst.

Mit dieser Stufe wurde ich erstmals so richtig konfrontiert, als ich an einer Weiterbildung zu dem Thema teilnahm. In einer Übung sollten wir mit einer zweiten Person teilen, was wir in diesem Moment fühlen. Da fiel mir auf, wie schwierig es für mich ist, Gefühle zu benennen und wie wenig ich mit meiner Gefühlsebene verbunden war.

Der große Unterschied zur Ehrlichkeit der ersten Stufe: Diese Wahrheiten ändern sich von Moment zu Moment und ist so flüchtig, dass sie möglicherweise schon wieder falsch ist, bevor sie noch fertig ausgesprochen wurde. Das macht diese Ebene für mich schwer greifbar.

Was ich mir von von Stufe 2 mitnehme: Der Versuch, Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken kann dabei behilflich sein, Bewusstsein zu schaffen. Wenn ich versuche, von mir zu berichten, werden mir Muster wie unbewusste Manipulationsversuche und verdeckte Strategien bewusst und können verändert werden.

3. Das große Ganze: Sei ehrlich, wer du wirklich bist

Die dritte Ebene ist die entlarvendste. Hier geht es darum, Masken und Rollen zu durchschauen. Und zuzugeben: Ich weiß nicht genau, wer ich bin. Ich tue nur so, als hätte ich alles im Griff.

Ich beginne, meine inneren Spielchen zu erkennen: Wie ich versuche, Lob zu bekommen, ohne es direkt einzufordern. Wie ich Anerkennung durch Leistung erhoffst. Wie ich dich selbst als heimliche Held:in inszenierst – und dabei innerlich zermürbt bist.

Diese Ebene bringt Freiheit: Du hast nichts mehr zu verbergen.


Warum wir unehrlich sind – und was uns das sagen will

Oft verhalten wir uns unehrlich, weil wir glauben, so sein zu müssen, wie andere uns haben wollen. Wir orientieren uns an einem Idealbild („Ich sollte …“) und entfernen uns dabei von unserem echten Empfinden. Die gute Nachricht: Dieses Verhalten war einmal sinnvoll. Es hat uns in der Kindheit geschützt. Ich umgebe mich persönlich am liebsten mit Menschen, die ihre Verhaltensmuster stetig hinterfragen.

Manche Menschen halten Ehrlichkeit für rücksichtslos. Andere bemühen sich um Authentizität – aber verlieren dabei aus dem Blick, was anderen guttut. Wichtig ist: Authentischer Selbstausdruck braucht Achtsamkeit. Und Rücksicht darf nicht zum Synonym für Selbstverleugnung werden.

Auch als Coach ist es essenziell, den Ist-Zustand eines Menschen anzuerkennen. Wenn ich merke, dass ich mir eine Veränderung „für jemanden“ wünsche, frage ich mich: Warum eigentlich? Was triggert mich an diesem Verhalten? Nur wenn ich meine eigene Reaktion ehrlich reflektiere, kann ich mein Gegenüber wirklich begleiten.

Fazit: Ehrlichkeit ist kein Ziel, sondern ein Weg

Ich habe viele gute Erfahrungen mit Ehrlichkeit gesammelt. Zum Beispiel wenn ich vor einer Gruppe junger Erwachsener einen Workshop halte und merke, es kommt Unsicherheit in mir hoch, ist das effektivste Mittel, diese Unsicherheit anzusprechen. Als ich dies meinem Mann berichtete, war er schockiert und meinte, so etwas dürfe man ja nicht zugeben! Doch die Realität zeigt: egal, wie verschlossen ich mit meinem unerwünschten Gefühl umgehe, die anderen im Raum werden mit hoher Wahrscheinlichkeit wahrnehmen, dass etwas nicht stimmt. Wenn ich mich nun offen zeige und demaskierend ausspreche: „Ich fühle mich gerade unsicher, weil …”, gebe ich den Anwesenden nicht nur die Chance, die Situation richtig einzuschätzen. Da jeder das Gefühl, unsicher zu sein, schon mal erfahren hat, ernte ich meist Empathie für meine Ehrlichkeit. Und nicht zuletzt häufig auch anerkennende Blicke, weil ich mich getraut habe, so etwas unangenehmes offen anzusprechen.

So wie Lügen das Vertrauen angreifen können, hat Ehrlichkeit das Potential, Vertrauen zu schaffen und zu verstärken. Nicht zuletzt das Selbstvertrauen.

Ehrlichkeit ist mehr als nur die Abwesenheit von Lüge. Sie bedeutet, zuerst mit sich selbst und in weiterer Folge mit anderen in echten Kontakt zu treten. Es geht nicht darum, alle Gedanken und Meinungen ungefiltert rauszuhauen – sondern um achtsame Kommunikation, die auf Verbindung abzielt. Ehrlichkeit braucht Mut, Selbstwahrnehmung und das Vertrauen, dass auch Unperfektes gesagt werden darf. Ehrlichkeit ist ein Werkzeug der Selbsterkenntnis.

Ehrlich zu sein bedeutet nicht, alles zu sagen. Es bedeutet, mit dir selbst in Verbindung zu kommen – und von dort aus in Beziehung zu treten. Es ist ein Weg, bei dem du deinen eigenen Rhythmus finden darfst. Ein Weg, der Mut braucht – aber auch Leichtigkeit bringen kann. Denn wer nichts mehr zu verstecken hat, kann freier atmen.

Wenn du lernen möchtest, dich klar und mutig auszudrücken, innere Blockaden zu erkennen – und aufzulösen, dann begleite ich dich gerne ein Stück auf diesem Weg:

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